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WM 1954 - Schweiz

5.WM in der Schweiz 1954 - Weltmeister: Deutschland

Das Wunder von Bern

Fifa-Präsident Jules Rimet überreicht Fritz Walter am 4. Juli 1954 den Cup Rimet
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fand Deutschland erst nach Jahren der Isolation zurück in die internationale Staatengemeinschaft. Auch der Fußball war zu einer Zwangspause verurteilt.

Erst 1948 fand wieder eine Deutsche Meisterschaft statt, zwei weitere Jahre dauerte es, bis das erste Länderspiel ausgetragen wurde: Am 22.11.1950 siegte die DFB-Elf in Stuttgart 1:0 gegen die Schweiz. Zwei Monate zuvor war der DFB wieder in den Weltverband Fifa aufgenommen worden.

Überraschender Final-Einzug
Bei der WM 1954 ging Deutschland als krasser Außenseiter an den Start. Die Presse spottete über ein Team mit dem 34-jährigen Fritz Walter als Kapitän. In der Vorrunde setzte es eine herbe 3:8-Niederlage gegen den haushohen Favoriten Ungarn. Doch der "Chef" Sepp Herberger hatte nur eine bessere B-Elf auflaufen lassen. Ein raffinierter Schachzug, wie sich später heraus stellen sollte. Durch ein 6:1 über Österreich im Halbfinale qualifizierte sich Deutschland überraschend für das Endspiel. Am 4. Juli 1954 im Berner Wankdorfstadion waren erneut die Ungarn um Superstar Puskas der Gegner.

Ungarn - die Übermacht. Vor diesem Finaltag vier Jahre und 32 Spiele ohne Niederlage. Nach dem 8:3 gegen die Deutschen in der Vorrunde schien der WM-Titel nur eine Formsache. Aber: Es regnet in Strömen an jenem Tag in Bern. Fritz-Walter-Wetter also. Ein gutes Omen?

Schnelle Führung der Ungarn
Zu Beginn kaum. Puskas (6.) und Czibor (8.) bringen die Magyaren schnell 2:0 in Führung. "Was wir befürchtet haben, ist eingetreten", kommentiert der unvergessene Radioreporter Herbert Zimmermann. Seine Reportage ist zur Legende geworden.

Die Deutschen sind nicht geschockt. Helmut Rahn, der "Boss", zieht aus 20 Metern ab. Maxl Morlock wirft sich im Spagatschritt in den Ball und drückt ihn mit allerletzter Kraft über die Linie (10.). "Gottseidank! Es steht nur noch 2:1", jubelt Zimmermann. "Und das sollte uns Mut geben."

Turek - der "Fußball-Gott"
Tut es auch. 18. Minute: Fritz Walter zirkelt eine Ecke lang in den Sechzehner. Dort lauert Rahn. Der Boss nimmt das Leder direkt und markiert das 2:2. "Tor für Deutschland!" hallt es durch Millionen Haushalte. "Heute ist es kein 3:8. Heute ist es keine B-Mannschaft. Deutschlands A-Mannschaft hat aus einem 0:2 ein 2:2 gemacht."

Die Ungarn stürmen weiter. Zwei Mal klären Posipal und Kohlmeyer auf der Linie. Die restlichen Angriffswellen stoppen Liebrich und Torhüter Toni Turek. Aus drei Metern feuert Hidegkuti aufs deutsche Tor, Turek lenkt das Leder um den Pfosten. "Toni, du bist ein Teufelskerl! Toni, du bist ein Fußball-Gott!" Zimmermann ist auch nicht mehr zu bremsen.

"Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen - Rahn schießt - Tor! Tor! Tor! Tor!"
Der Boss schießt das 3:2

Der Favorit wird immer nervöser, bleibt jedoch optisch überlegen und steht häufig vor dem dritten Tor. "Halten Sie die Daumen zu Hause", bittet Zimmermann. "Auch wenn Sie sie vor Schmerz zerdrücken. Aber halten Sie sie." Es hilft.

"Sechs Minuten noch im Berner Wankdorf Stadion. Keiner wankt. Unaufhörlich prasselt der Regen hernieder. Und Bozsik, immer wieder Bozsik der rechte Läufer der Ungarn hat den Ball - verloren diesmal an Schäfer. Nach innen geflankt. Kopfball - abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn schießt... Tor! Tor! Tor! Tor! 3:2 für Deutschland. Halten Sie mich für verrückt. Halten Sie mich für übergeschnappt, aber ich finde, auch Fußball-Laien sollten ein Herz haben."

Verkehrte Fußball-Welt
Noch viereinhalb Minuten. Der geschockte, haushohe Favorit wirft alles nach vorne. "Und die Ungarn wie von der Tarantel gestochen lauern wie Puszta-Söhne, drehen jetzt den siebten oder zwölften Gang auf..." Noch wenige Minuten. Puskas erhält den Ball im Sechzehner. Sieben Meter vor dem Tor. Er schießt. "Gehalten von Toni, gehalten! Und Puskas der Major hämmert seine Fäuste auf den Boden, als wollte er sagen 'Ist denn das möglich?' Aber es ist wahr. Unser Toni hat ihn gemeistert."

Die Nachspielzeit beginnt. Einwurf für Ungarn. "Aus, aus, aus! Das Spiel ist aus. Deutschland ist Fußball-Weltmeister!" Selbst der Reporter der DDR kann seine Freude nicht unterdrücken. "Das unvorstellbare ist passiert! Die westdeutsche Nationalmannschaft ist Weltmeister. Die ganze Fußball-Welt steht auf dem Kopf."

Auf der Heimreise erwarteten Tausende die deutsche Mannschaft - hier Fritz Walter
Deutschland feiert

Unbeschreibliche Jubelszenen auf dem Feld. Das Herberger-Team liegt sich in den Armen. "Die deutschen Spieler freuen sich ausgelassen und gebärden sich, als hätten sie ein Schloss gewonnen." Mit hängendem Kopf gratuliert Puskas dem deutschen Kapitän Fritz Walter, der den Pokal Jules Rimet entgegen nimmt.

Spontane Freudenfeste über das "Wunder von Bern" starten in ganz Deutschland. Die Rückreise der Nationalelf im Zug begleiten Tausende auf den Bahnsteigen.

Ungarn werden verhöhnt
Der Stachel in Ungarn saß hingegen tief. Die "Versager-Elf" musste heimlich ins Land geschleust werden. Da einige ungarische Spieler während der WM mit einem Mercedes "ausgestattet" wurden, sprachen viele von einem "verkauften Finale". Noch Jahre später mussten sich die Akteure in der Heimat mit dem verlorenen Finale auseinander setzen.


Der Titelgewinn sorgte in Deutschland über den rein sportlichen Erfolg hinaus für weltweite Anerkennung. Die Bevölkerung hatte nach den Entbehrungen der Nachkriegszeit wieder einen Grund zur Freude. Der WM-Sieg war gleichsam ein Symbol für das beginnende Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik.

Die Helden von Bern aber gingen in die Geschichte ein. Sie wurden nicht reich, aber berühmt: Der DFB schüttete damals Prämien zwischen 2.000 und 2.500 Mark aus. Fritz Walter, der Kopf der Mannschaft, setzte seine Karriere bis zur WM 1958 in Schweden fort und wurde später zum ersten Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft ernannt.

Was sonst noch passierte:
Das 7:5 zwischen Österreich und der Schweiz ist das Rekordergebnis (meiste Tore) aller WM-Endrunden.

Nach dem 3:8 gegen Ungarn in der Vorrunde war die deutsche Öffentlichkeit entsetzt. "Beschämende Vorstellung" schrieb die "Welt", "Schwerster Schlag für Deutschlands Fußball" titelte die "Bild".

Die Endrunde in der Schweiz bleibt mit durchschnittlich 5,4 Treffern die torreichste Endrunde aller Zeiten.

Das 4:2 der Ungarn gegen Brasilien ging als die "Schlacht von Bern" ein. Tretereien, drei Rote Karten und Prügeleien nach Spielende im Kabinengang. Der "Corriere della Sera" berichtete, dass Ferenc Puskas den Brasilianer Pinheiro mit einer Flasche ins Gesicht geschlagen habe. "Irrenhäusler" kommentierte die Zeitung "Sport".