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WM 1950 - Brasilien

4. WM in Brasilien 1950 - Weltmeister: Uruguay

Der Zauberer von Maracana

Der englische Keeper (l.) rettet, spater war er machtlos - das 1:0 der USA war eine Sensation
Brasilien und Deutschland bewarben sich 1938 für die nächste WM. Als Präsident Jules Rimet 1939 zur Inspektion nach Südamerika reiste, wehten ihm die ersten Kriegsmeldungen aus Europa entgegen. Erst 1946 traf sich die Fifa wieder und entschied sich einstimmig für Brasilien als Gastgeber 1950.

Hitzige Diskussionen gab es um den Modus. Bisher war sofort im K.o-System verfahren worden. Doch die Brasilianer plädierten für eine Gruppenphase mit Punktsystem. "So werden Zufälligkeiten und Ungerechtigkeiten weitgehend verhindert", meinte Brasiliens Sotero Cosme.

Prominente Absagen
Man beschloss die Ansetzung von vier Gruppen. Die Sieger sollten in der zweiten Phase gegeneinander spielen. Die Mannschaft mit den meisten Punkten würde Weltmeister.

Komplikationen gab es natürlich auch. Österreich und die Türkei wollten in der Qualifikation nicht gegeneinander antreten. Dadurch rutschten die eigentlich schon eliminierten Portugiesen nach. Argentinien hatte Ärger mit Brasilien und meldete nicht.

Deutschland war noch nicht wieder zugelassen (auch wenn es viele vehemente Fürsprecher gab). Frankreich verzichtete auf die beschwerliche Reise. Doch es gab auch Grund zur Freude: England, das Mutterland, war zum ersten Mal bei einer WM dabei. Eine Sensation.

Bau des Fußball-Tempels
Die Brasilianer erschufen vor dem Start einen beinahe unglaublichen Tempel: das Estádio Maracana für 200.000 Zuschauer. "Man kann es nur mit dem Kolosseum vergleichen", staunte Präsident Rimet. Später wird die Legende Pelé sagen: "Ohne Maracana wäre ich nicht der geworden, der ich bin." Die Teilnehmer schienen nicht so beeindruckt. Nur 13 der 16 Qualifikanten reisten an.

Das führte zu Verzerrungen. Neben zwei Vierer-Gruppen gab es eine mit drei Teams. Uruguay hatte es nur mit Bolivien zu tun, das 8:0 abgefertigt wurde. Die Brasilianer schafften mit Mühe den Sprung in die nächste Runde. Doch Unglaubliches hörte man aus Gruppe 2.

Erste Sensation der WM
Dort spielte die Fußball-Weltmacht England gegen die USA. Superstar Stan Matthews wurde auf der Tribüne geschont und musste mit ansehen, wie der amerikanische Zwerg nach 38 Minuten durch Larry Geathjens in Führung ging. Sensationell hieß es 1:0 für die Amerikaner auch nach 90 Minuten. "Fußball-Dünnkirchen" titelte der "Daily Mirror". Die Engländer schieden nach der ersten Runde aus.

Auch der amtierende Weltmeister Italien durfte früh nach Hause fahren. Die Flugzeugkatastrophe der Mannschaft des großen AC Turin vor der WM (4. Mai 1949) nahm den Azzurri das Gerüst der Nationalelf. Das 2:3 gegen Schweden bedeutete das Ende aller italienischen Hoffnungen.

Brasilien verzaubert die Fachwelt
Die Skandinavier verloren das erste Match der Endrunde 1:7 gegen Brasilien. Die Gastgeber schienen der neue Weltmeister. Nicht zuletzt nach dem grandiosen 6:1 über die starken Spanier. "Einen Ballzauber, wie ihn dieses Trio Zizinho, Ademir, Jair entfaltete, das sah die Welt noch nie", schrieb ein enthusiastischer Dr. Friedebert Becker im "kicker".

Und der Journalist Willy Meisl schwärmte: "Das war Fußball, wie er gespielt werden soll (...) Nichts Roboterartiges, kein Schweiß und Blut, kein Fußexerzieren, nein, mitreißendes Spiel (...), vorgeführt von begeisterten Virtuosen."

Himmel und Hölle Maracana
Wer sollte Brasilien noch stoppen? Uruguay hatte sich zu einem 2:2 gegen Spanien gequält und mit Mühe 3:2 über Schweden gesiegt. Am 16. Juli 1950 wollte Brasilien vor 199.854 Zuschauern im Maracana gegen Uruguay den Pokal in Empfang nehmen.

Der sensationelle Weltmeister kam aus Uruguay und sturzte Brasilien in tiefe Trauer
Ein Remis reichte den Gastgebern. Unter das Photo der brasilianischen Elf schrieb die Zeitung "A Nota Illustrada": "Das sind die Meister der Welt". Die Freudenfeiern waren längst vorbereitet. "Wir nahmen uns bei den Händen und sprachen uns Mut zu", erinnerte sich Uruguays Torwart Maspoli später. "Wir wussten, dass diese Kulisse Himmel und Hölle zugleich sein konnte."

Es lief alles nach Plan. Friaca brachte Brasilien kurz nach der Pause in Führung. Doch ein Volleyschuss von Schiaffino brachte den Ausgleich (66.) und versetzte die Massen im Stadion in entsetzte Lähmung. Die steckte auch die Brasilianer an ("Im Gesicht jedes Brasilianers spiegelte sich unglaublicher Schrecken"- Maspoli). Aber das 1:1 reichte der Selecao ja.

Vier Tote beim Finale
Jules Rimet schritt zwölf Minuten vor dem Ende zur Überreichung des Pokals. "Ich war im Tunnel, als das Dröhnen im Stadion verstummte", erinnert sich der Franzose. "Ich eilte zum Ausgang und fragte, was geschehen sei (...) Niemand im Stadion sprach ein Wort (...) Da blickte ich zum Spielfeld und sah Brasiliens Torwart Barbosa am Boden liegen. Der Ball aber lag im Netz."

Und tatsächlich hatte Ghigghia das Unfassbare möglich gemacht. 2:1 für Uruguay (79.). Die Hellblauen waren Weltmeister! Tränen im Maracana. Selbstmord und Herzinfarkte forderten gar vier Todesopfer im Stadion. Den Siegern wurde in Montevideo ein Triumphmarsch bereitet. Trainer Juan Lopez war nur noch unter einem Namen bekannt: der Zauberer von Maracana.

Was sonst noch passierte:
Frankreich, das in der Qualifikation nach drei Spielen und einer Verlängerung an Jugoslawien gescheitert war, sollte Österreich in Brasilien ersetzen. Nach der Auslosung der Gruppen hätten die Franzosen ihre beiden Spiele in Orten austragen müssen, die 2000 Meilen auseinander lagen. Unfassbar, meinte Frankreich und sagte daraufhin ab.

Vor dem Vorrundenspiel Jugoslawien - Brasilien stieß sich der Jugoslawe Mitic im dunklen Kabinengang den Kopf und musste genäht werden. Die Europäer begannen nur mit zehn Spielern. Als Mitic wiederkam, stand es bereits 0:1. Die Brasilianer gewannen am Ende 3:0.

Das 1:0 der USA über England gilt als erste Riesen-Sensation bei einer WM. In England mochte man der Nachricht überhaupt nicht glauben und dachte an einen Druckfehler. Einige Zeitungen meldeten deshalb 10:1 anstatt 0:1.

Im verlorenen Finale lief Brasilien in weißen Trokots auf. Nach dem 1:2-Trauma gegen Uruguay spielte die Selecao nie wieder in dieser Farbe.

Mit 1.091.490 Zuschauern wurde zum ersten Mal die Millionengrenze überschritten. Alleine 757.592 Besucher sahen die Partien der Brasilianer. Den Minusrekord verbuchte Schweiz - Mexiko mit 3850 Interessierten.