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WM 1934 - Italien

2. WM in Italien 1934 - Weltmeister: Italien

"Rohheit triumphiert" - mit dem Referee zum WM-Titel

Reichstrainer Otto Nerz (M.) beim Spiel gegen Belgien

1934 kam die WM nach Europa. Nach acht langwierigen Konferenzen erhielt Italien auf dem Fifa-Kongress 1932 den Zuschlag. In Italien regierte seit 1922 das faschistische Regime unter Benito Mussolini.

Und "Il Duce" sah das Spektakel als ideale Plattform für seine Propaganda. Etliche Millionen Lire investierte Mussolini in neue Stadien in Turin, Florenz und Neapel. In Mailand und anderen Städten wurden vorhandene Arenen gründlich renoviert.

Amtierender Weltmeister sagt ab
Der amtierende Weltmeister Uruguay hatte die Absage der "Azzurri" vier Jahre zuvor nicht vergessen und trat nicht zur WM an. Auch die Briten lagen mit dem Weltverband immer noch im Clinch und sagten ab. Dennoch meldeten sich 32 Nationen an. Ein Erfolg, bedenkt man, dass die Fifa 1930 mit viel Überredungskunst gerade einmal 13 Länder zur Teilnahme hatte bewegen können.

Es mussten also Qualifikations-Spiele ausgetragen werden. Kurios: Selbst die Ausrichter mussten durch die Qualifikation. Großes Aufatmen bei den Verantwortlichen als Griechenland 4:0 geschlagen wurde. Deutschland spazierte mit einem 9:1 über Luxemburg in die Endrunde.

Sofort K.o-System
Diese wurde sofort im K.o.-System ausgetragen. Deutschland traf in Florenz auf Belgien und gewann nach einem 1:2-Rückstand zur Pause noch 5:2. Edmund Conen erzielte drei Treffer und wurde später zu einem der besten Stürmer des Turniers gekürt. Ironisch: Erst sechs Monate zuvor hatte Reichstrainer Otto Nerz dem Debütanten nach dem Spiel gegen Ungarn verraten: "Mein Lieber, Sie haben heute zwei Länderspiele gemacht Ihr erstes und ihr letztes."

Das "Wunderteam" aus Österreich schlug Frankreich mit viel Mühe 3:2 in der Verlängerung. Italien schaltete die USA mit 7:1 aus. Das Zuschauerinteresse war enttäuschend. Denn zeitgleich fand der weitaus populärere Giro d´Italia statt.

Das sollte sich im Viertelfinale ändern. Mit Spanien - Italien und Österreich - Ungarn trafen vier der Favoriten aufeinander. Überhaupt waren zu diesem Zeitpunkt schon alle nicht-europäischen Teams ausgeschieden.

Deutschland im Halbfinale
Deutschland schlug Schweden 2:1 in Mailand und stand im Halbfinale. Unterdessen sprach ganz Italien vom vorweggenommenen Finale der Gastgeber gegen Spanien. Die Spanier hatten Ricardo Zamora (38 Jahre) im Tor. Der hatte den Spitznamen der "Göttliche". Und Zamora brachte die Italiener zur Verzweiflung. 1:1 hieß es im ersten Spiel. Die Wiederholung gewannen die Azzurri 1:0. In einer skandalösen Partie.

Der Referee Mercet aus dem Tessin tat alles, um die Spanier zu benachteiligen. Beim entscheidenden Treffer durch Giuseppe "Peppino" Meazza humpelten sieben Spanier verletzt übers Feld. Einer lag draußen. Den regulären Ausgleich ignorierte Mercet. Er wurde später von seinem eigenen Verband auf Lebenszeit gesperrt.

Kopfball des Schiedsrichters
Auch Österreich und die Tschechoslowakei zogen ins Halbfinale ein. Italien schlug die Österreicher 1:0. Auch dort ging nicht alles mit rechten Dingen zu. Der Österreicher Josef Bican erinnert sich: "Als eine Flanke zu Karl Zischek kam, konnte der alleine auf das italienische Tor laufen. Da hat der Schiedsrichter, der gerade dort stand, den Ball absichtlich weggeköpft. Unglaublich! Beim Tor hat Peter Patzer den Ball gefangen, aber mehrere Italiener haben ihn über die Torlinie gestoßen. Und der schwedische Referee hat das Goal gegeben."

Deutschland verlor durch einen rabenschwarzen Tag des Torhüters Willibald Kress 1:3 gegen die Tschechen.

Im Spiel um den dritten Platz überzeugten die Deutschen jedoch und besiegten die Österreicher 3:2.

Zwei Stars - Italiens "Peppino" Meazza (l.) und der "Gottliche" Ricardo Zamora
"Rohheit triumphiert"

In einem hart geführten Finale siegten die Gastgeber in Rom 2:1 nach Verlängerung gegen die Tschechen. "In Italien ist Fußball ein nationales Anliegen", resümierte Trainer Vittorio Pozzo später. "Diese Fähigkeit muss ein Trainer nutzen. Meine Spieler bekamen nichts als ihre Plaketten. Doch mit welcher Hingabe setzten sie sich ein?!"

Das restliche Europa sah das ein wenig anders. "Rohheit triumphiert!" titelte der "Kicker". "Was sich auf dem Rasen abspielte, hatte mit Fußball nichts zu tun." "Sportliche Überlegungen waren beim Gastgeber nicht existent", erinnerte sich der belgische Referee Jan Langenus.

Dennoch war die WM ein finanzieller Erfolg und bildete eine Attraktion für die Fans. Tausende von Europäern pilgerten auf die Halbinsel, um ihr Team zu unterstützen. Die Weltmeisterschaft hatte sich etabliert.

Was sonst noch passierte:
Mexiko reiste zu einem Qualifikationsspiel gegen die USA kurz vor der WM extra nach Italien. Nach der 2:4-Niederlage in Rom durften die Mexikaner gleich wieder nach Hause fahren.

Das finanziell gebeutelte Wunderteam aus Österreich hatte kein Geld, um einen Masseur oder Trainer zu engagieren. Hugo Meisl aus dem WM-Organisations-Komitee übernahm den Trainerposten als Nebenjob.

Die Italiener entdeckten beim Argentinier Luis Monti "zufällig" vor der WM italienische Vorfahren. Er wurde eingebürgert. Somit bleibt Monti der einzige Spieler, der zwei WM-Finals für zwei verschiedene Länder bestritt (1930 mit Argentinien, 1934 mit Italien).

Im Spiel um den dritten Platz zwischen Österreich und Deutschland liefen beide Teams mit derselben Trikotfarbe auf. 30 Minuten lang feierten die italienischen Zuschauer das Deutsche Team, da sie dachten, es wären die Österreicher.

Oldrich Nejedly aus der Tschechoslowakei wurde mit fünf Treffern Torschützenkönig.