Sie sind hier: Statistik WM-Geschichte  
 STATISTIK
WM-Geschichte
Rekordnationalspieler
Rekordtorschützen

WM 1966 - ENGLAND
 

8. WM in England 1966 - Weltmeister: England

Hurst und ein Linienrichter helfen England

Tor oder nicht? Das Wembley-Tor beschaftigt bis heute die Gemuter der Fu?ball-Fans
120. Minute im Finale der WM 1966: Deutschland lag mit 2:3 gegen England hinten, da schnappte sich Geoff Hurst den Ball und lief alleine auf Tilkowski zu. "Einige Zuschauer sind auf dem Spielfeld, sie denken es ist schon alles vorbei - jetzt ist alles vorbei."

Die berühmten letzten Worte des BBC-Kommentators kennt in England jedes Kind. Hurst hatte zum 4:2 getroffen, Deutschland war endgültig besiegt, und das Mutterland des Fußballs war zum ersten Mal Weltmeister.

Aufregung zu Beginn
Doch Monate vor dem Finale herrschte erst einmal Chaos. Der Cup Jules Rimet war von einer Ausstellung entwendet worden. Alle Detektivarbeit half nichts. Ein unorthodoxer Helfer rettete die Veranstalter. Der Hund "Pickles" fand den Pokal kurze Zeit später unter einem Busch wieder. Aufatmen.

Das Turnier auf der Insel begann für die deutsche Nationalmannschaft perfekt. Bundestrainer Helmut Schön reiste mit einer idealen Mischung aus Alt und Jung an. Im ersten Gruppenspiel wurde die Schweiz mit 5:0 weggefegt, Beckenbauer und Haller führten perfekt Regie.

In der Partie der "Mauertaktiken" gegen Argentinien war für beide Teams oberstes Gebot, "zu null" zu spielen. Von Pfiffen begleitet endete die Begegnung torlos.

Haller auf der Tribüne, "Emma" durfte ran
Nach dem zweiten Gruppenspiel setzte es harsche Kritik. "Jetzt muss Emma ran!", forderten die Zeitungen. Helmut Haller "durfte" auf die Tribüne. Und Lothar Emmerich vom Europapokal-Sieger Borussia Dortmund lief gegen Spanien auf. Er und sein Vereinskollege Siggi Held wurden von der britischen Presse als "the terrible twins" (die schrecklichen Zwillinge) bezeichnet.

Ein Sieg musste gegen Spanien her, um die Engländer im Viertelfinale zu meiden. Spanien ging in Führung. Emmerichs 1:1 bleibt unvergessen. Schneller Einwurf auf der linken Seite, "Emma" lief noch ein paar Schritte und hämmerte den Ball aus unmöglichem Winkel ins Netz. "Uns Uwe" Seeler bescherte den Deutschen den Siegtreffer und den Gruppensieg.

Pelé: "Ich spiele nie wieder"
Ausgeschieden waren die Brasilianer nach dem 1:3 gegen Ungarn. Pelé sah verletzt zu. Nach bösen Attacken im Spiel gegen die Portugiesen musste der Ausnahmespieler pausieren. Er schwor: "Ich werde nie wieder bei einer WM spielen." Zum Glück löste Pelé sein Versprechen nicht ein.

Eine der größten Sensationen der WM-Geschichte: Im Ayresome Park zu Middlesbrough trafen die Azzurri auf Nordkorea. Eine klare Angelegenheit. Von wegen. Paak Doo Ik belehrte die Fachwelt eines Besseren. Sein Tor in der 41. Minute schickte die Italiener nach Hause, wo sie mit einem Tomatenhagel empfangen wurden.

Beinahe hätte sich die Erfolgsstory der Koreaner fortgesetzt. 50.000 Zuschauer im Goodison Park trauten ihren Augen nicht, als Nordkorea nach 22 Minuten bereits 3:0 gegen den haushohen Favoriten Portugal führte. Doch dann kam Eusebio. Er traf vier Mal und die Portugiesen gewannen 5:3.



Silva (Uruguay) will nach Rot gegen die DFB-Elf nicht vom Feld - Bobbys mussen ihn abfuhren

Die "deutsch-englische Allianz"
Im Viertelfinale wartete mit Uruguay ein unbequemer Gegner. 4:0 hieß es am Ende, wurde dem Spielverlauf aber nicht vollends gerecht. Der englische Schiedsrichter Finney stellte zwei Südamerikaner vom Platz. Troche fällte Emmerich, sah Rot und ohrfeigte Seeler während er den Platz verließ. Silva musste gar mit Polizisten vom Platz geführt werden. Zeitgleich schickte der deutsche Unparteiische Kreitlein den Argentinier Rattin in der Partie gegen England zum Duschen.

Der Schwabe verstand zwar kein Spanisch, doch es soll sich nach einer Beleidigung angehört haben. Der englische Siegtreffer war zudem stark abseitsverdächtig. In Südamerika wurde offen von "Schiebung" und einer "deutsch-englischen Allianz" gesprochen. "Zuerst stahlen uns die Engländer die Malvinen. Jetzt den World Cup", schrieb die Zeitung "Crónica" in Buenos Aires.

"Argentinier wie die wilden Tiere"
Der englische Nationalcoach Alf Ramsey goss Öl ins Feuer: "Wir müssen noch zeigen, was wir wirklich können. Das wird nur gegen eine Mannschaft gelingen, die auch Fußball spielt und sich nicht wie Tiere aufführt."

Dazu gab es im Endspiel Gelegenheit. Deutschland und England gewannen ihre Halbfinals und trafen sich zum großen Showdown im Wembley-Stadion. 2:2 stand es nach der regulären Spielzeit. Wolfgang Weber hatte in wirklich allerletzter Sekunde ausgeglichen.

Das historische "Wembley-Tor"
101 Minuten gespielt, da entschied der sowjetische Linienrichter Tofik Bachramov das Finale. Hurst hatte den Ball gegen die Unterkante der Latte gefeuert. Von dort aus sprang der Ball auf das Feld zurück. Auf der Linie, vor der Linie, hinter der Linie? Allgemeine Ratlosigkeit. Der Schweizer Schiedsrichter Dienst lief zu seinem Kollegen an der Linie, und der entschied auf Tor.

England hat gewonnen! Seeler gratuliert Banks (l.), Hunt trostet Schnellinger (M.)
Fragwürdige Begründung des Linienrichters

Jahre später gab Bachramov zu: "Ich habe den Ball nicht richtig gesehen. Ich habe aber beobachtet, wie der Engländer Hunt nach dem Schuss von Hurst die Arme hochriss. Ich sah auch, dass der deutsche Torwart untröstlich war. Deshalb muss es Tor gewesen sein."

Die "Bild" titelte einen Tag später: "Wir haben 2:2 verloren", und ganze Generationen führen bis heute hitzige Diskussionen über diese Szene. Uwe Seeler machte das einzig Richtige. Er hielt seine Mannschaft von heftigen Protesten zurück. Deutschland hatte ein tolles Turnier gespielt und verlor mit Anstand.

Was sonst noch passierte:
1963 wurde der englische Fußball-Verband 100 Jahre. Als Würdigung erhielten die Briten den Zuschlag für die WM. England ist wegen der Vorreiterrolle im Fußball bis heute der einzige Verband, der keine Landesbezeichnung im Namen hat.

Die WM blieb vorerst noch eine Hochburg der Europäer und Südamerikaner. 15 afrikanische Länder hatten zur Qualifikation gemeldet. Die Fifa stellte dem Kontinent jedoch nur einen Platz bei der Endrunde zur Verfügung. Aus Protest zogen alle Afrikaner ihre Meldung zurück.

Das 1:3 der Brasilianer gegen Ungarn war die erste Niederlage der Selecao nach 13 Spielen (seit 1954). Da verlor Brasilien auch gegen die Ungarn.

Als Belohnung lud die Fifa den Hund Pickles und seinen Besitzer zur WM 1970 nach Mexiko ein. Doch tragischerweise verstarb Pickles kurz vor dem Turnier in Südamerika.